Der Herbst – die ideale Jahreszeit zum Wandern
Mit dem Einzug des Herbstes kehrt in den Bergen wieder Ruhe ein. Die Temperaturen werden milder, die Wälder leuchten in kräftigen Farben, und viele nutzen die Gelegenheit, sich eine Wanderpause zu gönnen – sei es für ein Wochenende oder nur für ein paar Stunden, um die tiefer stehende Sonne und die zurückgewonnene Ruhe zu genießen.
Wandern scheint für alle zugänglich, fast harmlos: einem markierten Weg folgen, tief durchatmen, wunderschöne Landschaften bewundern. Doch hinter diesem friedlichen Bild verbirgt sich eine Realität, die Physiotherapeut:innen gut kennen. Diese als „sanft“ wahrgenommene Sportart führt regelmäßig zu Sehnenentzündungen, Muskelschmerzen und Verstauchungen – Verletzungen, die mit ein wenig Vorbereitung vermeidbar wären.
Wenn der Spaziergang zur Anstrengung wird
Denn Wandern ist nicht „nur Gehen“. Die wiederholten Schritte, Höhenmeter, das Gewicht des Rucksacks und die oft lange Dauer belasten Muskeln, Sehnen und Gelenke erheblich. Mit zunehmendem Alter, bei Bewegungsmangel oder wenn Wandern nur auf die Ferien beschränkt wird, steigen die Risiken.
Das beobachtet regelmäßig Sandrine Wehrly, AGP-Physiotherapeutin in der Praxis Physio Jussy bei Genf. Sie ist begeisterte Berggängerin und verbindet ihre persönliche Leidenschaft mit zwanzig Jahren Berufserfahrung, darunter sieben Jahre in der Clinique de la Colline. Ihre wandernden Patient:innen zeigen oft dieselben Diagnosen:
- Achillessehnenentzündung,
- Gesäßschmerzen im Zusammenhang mit dem Piriformis-Syndrom,
- Schienbeinkantensyndrom,
- Knöchelverstauchungen,
- und natürlich Verletzungen nach Stürzen.
„Wir unterschätzen die mechanische Belastung des Gehens in unterschiedlichem Gelände“, betont sie.
Dehnen und Kräftigen: die Schlüssel zur Prävention
Für Frau Wehrly basiert die Vorbeugung vor allem auf drei einfachen Prinzipien: Hydration, langsame Steigerung und regelmäßiges Training.
„Ein spezielles Aufwärmen ist nicht unbedingt notwendig: langsam loszugehen reicht. Dehnen nach der Wanderung – und manchmal auch währenddessen – ist dagegen unerlässlich.“
Die wichtigsten Muskelgruppen zum Dehnen sind:
- Waden,
- hintere Oberschenkelmuskeln (Ischiocrurale),
- Quadrizeps,
- vordere Schienbeinmuskeln,
- Gesäßmuskeln.
Für das Krafttraining empfiehlt die Physiotherapeutin den Fokus auf:
- die tiefen Gesäßmuskeln als wichtige Stabilisatoren,
- Quadrizeps/Ischiokrurale-Ko-Kontraktionen, die die Gelenkstabilität verbessern.
Diese Übungen, so betont sie, erfordern kein aufwendiges Equipment – ein paar Minuten regelmäßig durchgeführt reichen, um das Verletzungsrisiko deutlich zu senken.
Die entscheidende Rolle der Schuhe
So wichtig die körperliche Vorbereitung ist, auch die Ausrüstung spielt eine große Rolle. Viele Wanderer gehen immer noch mit Turnschuhen oder Straßenschuhen in die Berge – zu weich und ungeeignet für unwegsames Gelände.
„Schuhe stabilisieren das Sprunggelenk und verteilen die Belastung korrekt, was einer Plantarfasziitis vorbeugt“, erinnert Frau Wehrly.
Eine bewusste Wahl hilft nicht nur, einen Teil der Belastung abzufangen, sondern verlängert auch das Wandervergnügen – ohne unnötige Schmerzen.
Für Gelegenheitswanderer
Und was ist mit jenen, die ihre Wanderschuhe nur einmal im Jahr, während der Ferien, anziehen? Frau Wehrly empfiehlt ein schrittweises Vorgehen:
„Idealerweise sollte man das ganze Jahr über regelmäßig gehen – in der Ebene und im Aufstieg –, um die kardio-muskuläre Kondition zu erhalten. Aber auch schon ein paar Wochen vor einer größeren Wanderung in kleinen Etappen zu beginnen, ist vorteilhaft.“
Eine präventive Konsultation bei einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten kann ebenfalls sinnvoll sein: ein oder zwei Sitzungen reichen oft, um ein persönliches Dehn- und Kräftigungsprogramm zu erstellen.
Eine Vorbereitung, die sogar im Winter nützt
Wandern ist kein einfacher Spaziergang, sondern eine vollständige Disziplin, die Atmung, Kraft und Gleichgewicht fördert. Richtig durchgeführt, wird es zu einem wertvollen Beitrag für die Gesundheit. Ohne Vorbereitung hingegen wird es schnell zur Quelle von Schmerzen und Frustrationen.
Im Herbst bietet Wandern zudem einen unerwarteten Vorteil: Es bereitet den Körper auf die Skisaison vor. Auf- und Abstiege sowie abwechslungsreiches Gelände sind ein unauffälliges, aber wirksames Training für Gelenke und Muskulatur – damit man besser vorbereitet auf die Pisten kommt.
„Mit ein wenig Vorbereitung und Aufmerksamkeit bleibt Wandern ein sicheres Vergnügen, das für alle zugänglich ist.“
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Sandrine Wehrly ist AGP-Physiotherapeutin in der Praxis Physio Jussy bei Genf.
Sie schloss 1997 ihr Studium an der Physiotherapieschule Genf ab und arbeitete 7 Jahre in der Clinique de la Colline, bevor sie ihre eigene Praxis eröffnete, in der sie nun seit über 17 Jahren tätig ist.
Sie arbeitet in den Bereichen Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie und betreut sowohl Sportler:innen als auch Freizeitwanderer:innen und aktive Hobbysportler:innen.
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Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Französisch verfasst. Die deutsche Version wurde für ein breiteres Publikum übersetzt.





